Eigentlich bin ich ja kein
Rudelradler. Ich ziehe es vor, als „lonesome rider“ durch die Landschaft zu
ziehen. Aber ich kann auch anders…des 8. Liegetrike-Treffen fand in diesem Jahr
faktisch vor meiner Haustür statt und da musste ich natürlich vorbeischauen.
Angesetzt war die Woche um Christi Himmelfahrt. Da ich am Freitag arbeiten
musste, blieb mir nur der Donnerstag, um bei einer Ausfahrt mit zu machen. Vor
einigen Wochen hatte ich schon mit 5 Liegetrike-Kollegen die Möglichkeit diese
Tour abzufahren. Geplant war vom Campingplatz am Mühlrather Hof (Hariksee)
entlang der Schwalm bis zur Deutsch/Niederländischen Grenze zu radeln. Danach geht’s
schnurgeradeaus auf dem Grensweg in Richtung Norden zum Weissen Stein. Weiter
über Reuver nach Bessel und von da an nach Swalmen und Brüggen zurück zum
Campingplatz.
Die ganze Woche über war echt
mieses Wetter. Es regnete in verschiedenen Ausprägungen: heftige Schauer,
Landregen, Nieselregen usw. Die Wetteraussicht für Donnerstag war auch nicht
gerade berauschend und ich stellte mir vor, wie ich mich mit meinen Slicks
durch den morastigen Waldboden kämpfe und danach aussehe wie eine Wildsau. Am
Mittwoch allerdings besserten sich zusehends die Aussichten auf einen
wenigstens trockenen Donnerstag. Am Morgen des besagten Tages luckte ich
frühmorgens durch die Gardinen….es regnete nicht, aber es war grau…hellgrau.
Also ab aufs W1. Ein kurzes Frühstück musste sein und um 10 bin ich dann
endlich losgerollt. In Viersen musste ich erstmal tanken…..Geld am Geldautomat
natürlich und dann ging es richtig los…mit dem verfahren. Es ist ja schon
irgendwie peinlich, aber selbst nach 9 Jahren in Viersen, passiert mir es immer
wieder mal, dass ich irgendwo einen Abzweig verpasse. Naja das werte ich
einfach mal als Einrollrunde :).
Es gibt einige schöne Wege zum Hariksee; ich habe allerdings die weniger schöne
aber schnellste Variante entlang der Landstraße gewählt. Wenn man
Viersen-Dülken hinter sich gebracht hat, rollte man circa 7km bis nach
Schwalmtal und von hier aus ist es nicht mehr weit zum Hariksee. Sobald man
sich von der Landstraße verdrückt, fängt die Erholung an. Der Hariksee wird von
der Schwalm durchflossen und liegt in einem wunderschönen Naherholungsgebiet. Direkt am
See gibt es nettes Restaurant mit Terrasse. Bei schönem Wetter kann man sich
nach einem Rundgang um den See eine leckere Tasse Kaffee mit Kuchen schmecken
lassen. Ab hier ist es nur noch ein Steinwurf zum Campingplatz am Mühlrather
Hof.
Viertel nach Elf bin ich dann auf
dem Campingplatz angekommen. Es war schon ordentlich was los und überall
standen Velomobile, Ein- und Zweispurige Liegeräder herum. Einige Teilnehmer
kannte ich noch von der Testfahrt einige Wochen zuvor und zu meiner
Überraschung waren auch Roswita und Jörg von der Steintrikes Teststation in
Heinsberg mit dabei. Da wir uns seit meinem letzten Test am 23.Dezember 2012
nicht mehr gesehen hatten, gab es natürlich einiges zu erzählen.
Gegen 12 Uhr gab es dann die
letzten Anweisungen und Hinweise und dann wurde Aufstellung genommen. Es war nicht
gerade warm, und der Himmel um uns herum zeigte die verschiedensten
Schattierungen von Grau. Die dunklen Stellen fand ich gar nicht gut, da ich auf
Dauerregen überhaupt nicht eingestellt war….aber nur die Harten kommen in den
Garten…Augen zu und los.
Meine Fahrt ging genau zehn Meter und dann war
Schluss. Die Kurbel ließ sich keinen Millimeter mehr vorwärts bewegen. Oh Mann….das
fängt ja gut an. Ich fuhr an die Seite und sofort waren ein paar helfende
Hände bei mir, um den Schaden zu beheben. Der ganze Tross mit 40 Fahrzeugen,
musste wegen mir noch mal anhalten….peinlich. Wir checkten den Kettenverlauf
und die Gangbarkeit der Umlenkrollen, konnten aber keine Probleme feststellen.
Ich hatte schon fast das Tretlager in Verdacht. Das wäre natürlich das
sofortige Ende meiner Tour gewesen. Also habe ich mir nochmals die Umlenkrollen
angeschaut und siehe, da fand ich den Übeltäter. Ein kleines Steinchen hatte
sich in die Nut der Rolle verklemmt und hinderte nun die Kette am Weiterlaufen.
Weiß Gott wie der Stein dahin gekommen ist. Jedenfalls saß er so fest, dass wir
ihn mit einem Werkzeug rauhebeln mussten. Operation gelungen und jetzt konnte
ich wieder weiterfahren. Eine kurze Meldung an die Spitze des Zuges und nun
konnte es wirklich losgehen.
Man kann sich vorstellen, dass wenn sich ein
solcher Tross in Bewegung setzt, das Ganze nicht so einfach ist. Wenn wir am
Anfang vielleicht mit 10km/h gerollt sind, dann war das viel. Für die Dreiräder
kein Problem, aber die Einspurer mussten ordentlich kämpfen, da das Geläuf auch
noch sehr schwer war. Der Regen der letzten Tage hatte den Boden ein einigen Stellen
ziemlich aufgeweicht. Da mussten wir eben durch. Die Kollegen mit den
Velomobilen hatten speziell bei den Engstellen und engen Kurven ihre Probleme.
Auch das immerwährende Anfahren auf dem schweren Boden war sicherlich nicht so
einfach. Und so zog sich unsere Karawane, bunt bewimpelt durch die Lande.
Entgegenkommende Radler stiegen schon mal vorsichtshalber ab; sie hätten nicht
den Hauch einer Chance gehabt und so ergaben sie sich ihrem Schicksal und
mussten einige Zeit warten. Ein Rudel radelnder Vatertagsfeierer kam uns
entgegen. Auch sie stiegen vorsichtshalber ab und ich vernahm mit halben Ohr
bei der Vorbeifahrt folgenden Satz: „ Boah goil…da kann man auch besoffen mit
fahren!“ Ich verbeiße mir mal jeglichen Kommentar, aber das war bisher das
Beste was man mir so entgegengeworfen hat.
Vorbei am malerischen Ort Born
ging es in Richtung Brüggen. Auch hier ist der Ortskern sehenswert und lädt zum
Verweilen ein. Aber wir hatten ja noch eine Strecke vor uns. Ab Brüggen
meandert sich die Schwalm durch einen Wald….traumhaft kann ich nur sagen und
bei schönem Wetter macht das Ganze noch mehr Spaß. Der tiefe Waldboden erfordert
zwar einen ordentlichen Krafteinsatz und herumliegende, armdicke Äste fordern
alle Aufmerksamkeit, aber dafür tut sich einem eine herrliche Gegend auf. Die Schwalm auf der
Linken und eine Seenlandschaft auf der Rechten. Weiter geht’s am Venekotensee
entlang. Dieser See war ursprünglich eine Kiesgrube und entwickelte sich in
1960igern zu einem beliebten Ausflugsziel mit Wochenendhäusern für
Besserbetuchte. Die Deutsch-Niederländische Grenze ist von hier aus nur noch ein
Steinwurf entfernt. Die letzten Meter dorthin müssen wir auf die Landstrasse…..40
Liegeräder…die Autofahrer hatten ihren Spass…wir auch!!!
Hinter der Grenze schlagen wir
uns aber gleich wieder rechts in die Büsche. Was da allerdings auf uns zu kam
war nicht von schlechten Eltern...Herrsachaftszeiten...hier scheint eine ganze Armee Kieslaster ihre Ladung verloren zu haben. Wenn die holländischen Kollegen so unseren Einmarsch in ihr Land verhindern wollten, wäre ihnen das fast gelungen...aber eben nur fast. Eine Strecke von circa 50m mit grobem, tiefen
Schotter. Das heißt 1.Gang rein und dann gib ihm. Einige der Trikefahrer
mussten allerdings passen und ihr Gefährt durch den Kies schieben. Die
Einspurer waren chancenlos. Die Velomobile hatten ein paar Minuten vorher in weiser
Voraussicht eine Alternativroute gewählt.
Ab hier konnte man die
ursprüngliche Landschaft des
Niederrheins bewundern. Eine Heidelandschaft mit den üblichen niedrigen
Kräutern und tiefem Sandboden. Dieser Bereich bildet die Grenze zwischen
Deutschland und den Niederlanden und der Baumbestand wurde in den letzten
Jahren konsequent nieder gehalten. Nur so kann der ursprüngliche Charakter
erhalten bleiben. Das Fahren ging mehr schlecht als recht und erforderte
einigen Kraftaufwand. Die Passage war aber auch schnell überwunden und schon
ging es auf einem gut ausgebauten, asphaltierten Weg in Richtung Weissen Stein…unsere
erste große Pause. Nach 22km (für mich nach 40km) kamen wir am Weissen Stein
an. An diesem Punkt Treffen mehrere Wege aufeinander und das Naturschutzgebiet Brachter
Wald liegt direkt neben an. Dies war bis vor einigen Jahren das größte
Munitionsdepot der Britischen Armee auf dem Festland. Von hier aus wurden
damals die Irak-Kriege mit Munition versorgt. Aber das gehört zum Glück der
Vergangenheit an. Und so bietet sich der Bevölkerung eine großartige
Möglichkeit um die Natur des Niederrheins kennen zu lernen.
Am Weissen Stein lassen wir uns
zur ersten Pause nieder. Die Velomobilisten sind schon da und geniessen ihr
Essen. Es gibt leichte Parkplatzprobleme und ich habe Probleme mein W1 in der
Gemengelage wieder zu finden. Aber erst mal etwas Essen….wir sind in den
Niederlanden, das heißt ...Frikandel Spezial mit Pommes und Salat... Eine wahre
Bereicherung der Nouvelle Cuisine aber echt lecker. Mehr als 40 Leute wollen versorgt sein
und so sitzen wir länger als geplant bis Alle fertig sind. Die komplette Pause
hat dann auch fast 90 Minuten gedauert. Draussen sitzen bei empfindlichen 12°C;
ich war froh endlich wieder auf dem Rad zu sitzen um mich auf Temperatur
zu bringen. Der nächste Stopp war garnicht so weit weg; die Maas-Terrassen in
Beesel gerade mal 10 Kilometer entfernt. Also los geht es mit der Bande in
Richtung Maas durch Reuver.
Parplatzprobleme am Weissen Stein |
Parplatzprobleme am Weissen Stein |
Hier erreichen wir auch den niedrigsten Punkt unserer Tour;
gerade mal 15m über Normalnull. Bei steigendem Meeresspiegel bekommen die hier
sicherlich ein Problem. Es geht entlang der Maas in südliche Richtung. Diesen
Streckenteil kenne ich von meinen Touren im letzten Sommer. Mein Blick gilt
allerdings dem Wetter um uns herum. Die Wolken werden bedrohlich dunkel und ich
machte mich auf ein nasses Ende gefasst. Aber egal.
Auf dem Weg nach Beesel |
Auf dem Weg nach Beesel |
Die 10 Kilometer vergingen
wie im Fluge und schon waren wir an den Maasterrassen angekommen. 40 Liegefahrräder,
oder besser deren Besitzer, suchen einen Parkplatz. Naja, eigentlich kein
Problem die niederländischen Kollegen sind auf einen Andrang mit Fahrrädern
besser eingestellt. Auf den Maasterrassen sitzt man wirklich gemütlich und gut
geschützt gegen Winde vom Westen durch eine Plexiglasscheibe.
An den Maasterrassen |
Ich gönne mir einen Cappuchino und mein Sitznachbar bestellt sich
einen Rijstevlaai (Kuchen mit Michreis); sieht sehr lecker aus. Ich telefoniere
kurz mit meiner Frau, um sie über eine veränderte Ankunftszeit zu informieren…“das
mit sechs Uhr Abendessen kannst Du vergessen, ich bin noch in Holland“. Sie
fragt mich noch, wie das Wetter ist, weil 40 Kilometer östlich, in Viersen, es
den ganzen Tag geregnet hat. Gerade als ich ihr antworten wollte „hier ist noch
Alles trocken“ bekomme ich den ersten Tropfen ab….na toll.
Innerhalb von 15
Minuten und schneller als geplant setzt sich die Karawane wieder in Bewegung. Auf draussen im Regen sitzen hat keiner so recht Lust. Die meisten haben sich in
ihre Regenklamotten geschmissen, außer die Velomobilisten, Roswita mit dem
Mungo mit Veltop und ich. Okay ich hatte eine leichte Goretex Jacke an, aber allzu
viel Vertrauen in die Dichtigkeit hatte ich nicht mehr, da ich diese Jacke
schon etliche Jahre in Gebrauch hatte. Der Organisator der Tour versprach uns,
uns jetzt auf direktem Wege zurück zum Hariksee zu bringen. Das hieß durch den
Ort Swalmen entlang der Landstraße in Richtung Ost nach Brüggen. Ich kenne
diese Straße sehr gut, da ich sie schon öfters mit dem Auto entlang gefahren bin.
Sie führt durch ein dichtes Waldgebiet und so hatten wie Glück, dass wir eine
lange Strecke nicht direkt dem Regen ausgesetzt waren. 10 Kilometer geht es
mehr oder weniger gerade aus durch den Wald. Während auf niederländischer Seite
der Radweg noch einigermaßen fahrbar war, litt die Qualität auf der deutschen
Seite doch merklich. Wurzelaufbrüche und entfernter Asphalt, weil es sowie so
keinen Sinn macht, reihen sich dicht an dicht. Wobei man fairerweise sagen muss,
es geht auch noch weitaus schlimmer und das Fahrwerk des W1 bügelt die
heftigsten Schläge gekonnt weg. Jörgs Akku musste den anfänglichen tiefen Boden
im Wald Tribut zollen, ab hier musste er ohne elektrische Unterstützung zurechtkommen.
Normalerweise keine Problem, wenn nicht gleichzeitig seine Nuvinci-Nabe
herumgezickt hätte. So hatte er nur noch eingeschränkte Gangauswahl und das macht
wirklich kein Spaß. Aber zum Glück ist das Ziel nicht mehr weit entfernt.
Unterwegs müssen wir nochmal kurz anhalten, weil der Pannenteufel zugeschlagen
hatte. Ein Plattfuss der schnell behoben war.
Mittlerweile hatte es auch wieder
aufgehört zu regnen. Das war ein kurzes Intermezzo, aber wie ich später
erfahren habe, hatten wir verdammtes Glück. Eigentlich hatte es überall den ganzen Tag geregnet…tja wenn Engel reisen ;). Jetzt gab es noch eine kleine
Bergwertung. Okay es waren nur 20 Höhenmeter, aber hier am Niederrhein gibt es
dafür eben Punkte für das gepunktete Trikot. Da wo es hoch geht, da geht es
wieder runter. Also nochmal kurz auf 37 hochbeschleunigen und dann in einer
Rechtskurve zurück in Richtung Campingplatz. Hier fahren wie wieder den
bekannten Weg und man merkt, alles geht irgendwie schneller. Entweder die Leute
haben Hunger oder müssen auf Toilette, anders ist der Geschwindigkeitszuwachs
nicht zu erklären.
Nach 51 Kilometern und circa. 7
Stunden sind wir dann wohlbehalten am Campingplatz angekommen. Das Grillen
musste ich leider ausfallen lassen, da ich ja noch 17 Kilometer vor mir hatte.
Es war eine tolle und gut organisierte Tour. Jeder, der so etwas ähnliches schon
mal organisiert hat, weiß wie schwer es ist, allen gerecht zu werden. Für das
Wetter kann man niemanden in die Verantwortung nehmen. Ich habe ein paar nette
Leute kennen gelernt und wieder getroffen. Lest mal den Blog von Helen Hancox. Sie wohnt derzeit in
Kempen und macht mit ihrem Trike und Velomobil den Niederrhein unsicher. Mehr
unter http://www.auntiehelen.co.uk/.
Die letzten 17 Kilometer habe ich
noch mal Gas gegeben um den Schnitt ein wenig nach oben zu treiben. Summa
summarum eine wirklich schöne Tour, wobei ich das Radeln alleine oder in
kleineren Gruppen einfach schöner finde. Man muss erheblich mehr Aufmerksamkeit
dem Vordermann schenken und das wird auf die Dauer ganz schön anstrengend.
Tourdaten:
Zeit gesamt: 10h 10min (5h 35min reine Fahrtzeit)
Länge: 84,9 km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 15,2km/h
Temperatur: 13°C
Zeit gesamt: 10h 10min (5h 35min reine Fahrtzeit)
Länge: 84,9 km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 15,2km/h
Temperatur: 13°C
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