Mai 2013…breiten wir ein Tuch des Vergessens darüber. Aber
ich will mich nicht zu stark beklagen. Anderenorts gibt es unwetterartige
Regenfälle und die Flüsse überschwemmen das Umland. Davon wurden wir hier Gottseidank verschont. Es war kalt, es war regnerisch, aber das war es schon. Ich habe die
Lücken nutzen können und bin im diesen Monat fast 500 Kilometer gefahren. Somit
habe ich jetzt über 1000 Kilometer auf meinem Wild One absolviert. Der Anfang
war nicht einfach; die Umstellung auf die Belastungen, die beim Liegeradfahren
auftreten, benötigt eben ihre Zeit. Es rollte mittlerweile gut, wobei für sehr
gut sicherlich noch ein paar Touren mehr gefahren werden müssen.
Das Sportgerät hat alle Erwartungen erfüllt. Für die
hiesigen Landschaftsform und Wegverhältnissen eine nahezu perfektes
Fortbewegungsmittel. Wir haben hier am Niederrhein ein sehr gut ausgebautes
Netz an Rad- und Wirtschaftswegen, somit ist man sehr gut vom „normalen“ Straßenverkehr
abgekoppelt und kann entspannt die Landschaft genießen. Die Sitzposition in einem
Liegerad tut das übrige. Man sitzt sehr bequem und der Oberkörper liegt sehr
entspannt im Schalensitz. Das Ganze ermöglicht einen wunderbaren Panoramablick.
Natürlich sind nicht immer alle Wege perfekt ausgebaut. Auch hier gibt es
Aufbrüche, Schlaglöcher oder auch mal Offroad-Sequenzen. Ich kenne die Wege
sehr gut aus meiner Crossfahrrad-Karriere und es war zwischendurch schon mal
grenzwertig. Besonders wenn man schon einige Kilometer in den Beinen
beziehungsweise im Hintern hatte. Das Fahrwerk des Wild One zeigt hier seine
absolute Stärke. Selbst grobe Fahrbahnunebenheiten werden problemlos durch die
Dämpfer aufgenommen und das Trike bleibt jederzeit beherrschbar. Das Trike
zieht stabil seine Bahn und bietet somit ein Optimum an Fahrsicherheit. Aber
auch kleinere Unebenheiten werden durch das schnell ansprechende Dämpfungssystem
perfekt geschluckt. Andererseits hat man nicht das Gefühl, das die eingesetzte
Kraft nicht in Vortrieb umgesetzt wird. Verwindungen, selbst bei stärkerem Krafteinsatz,
sind kaum wahrnehmbar.
Natürlich gibt es natürlich auch ein paar Dinge, die sich als nicht so ganz
perfekt herausstellen. Durch die Aufteilung der Gewichtskraft auf drei Räder,
kommt man relativ schnell die Traktionsgrenze des Hinterrads. Speziell bei
einer langen Schwinge und Reifen, die sich nicht gerade durch übermäßige
Haftung auszeichnen, führt das sehr schnell zu durchdrehenden Reifen. Das kann
auch schon mal bei schnellgefahrenen Schotterpassagen passieren. Im nassen Gras
oder auf schlammigen Untergründen ist man sehr einfach im Grenzbereich angelangt.
Bei tiefen sandigen Untergründen ist ebenfalls sehr schnell Schluss mit lustig.
Zum einen bremsen die 3 Aufstandspunkte das Gefährt sehr abrupt ab und dann
bekommt man die Kraft nicht mehr in Vortrieb umgesetzt. Solches Terrain sollte
man mit einem Trike unbedingt meiden.
Enge Passagen können ebenfalls das Fahrvergnügen trüben. Gestern wurde ich
beispielsweise durch einen Pfad geleitet. Fahrenderweise gab es da kein
Durchkommen mehr. Also das Trike am Hinterrad gepackt und durch dichte Unterholz
gezerrt. Bei dieser Aktion ist mir sogar die Kette vom Blatt gesprungen. Hier
sind ganz klar die Grenzen erreicht. Das macht kein Spaß mehr.
Die Wahrnehmung durch andere Verkehrsteilnehmer kann ich als durch weg positiv
beurteilen. Ich bin bis jetzt noch in keine brenzlige Situation geraten. Man wird
überwiegend freundlich angenommen.
Eine völlig neue Erfahrung ist das Radeln bei Nacht. Was ich gaaaanz früher nur
lästig fand, ist heute eine Quelle der Entspannung. Durch die Felder und Wiesen
im Schein der Fahrradlampen zu fahren hat einen eigenen Reiz. Das Spiel der
unterschiedlichen Farben am Himmel ist einfach nur atemberaubend. Die Natur
bietet im Dunkeln völlig neue Impressionen. Hier und da leuchten Augenpaare
zurück oder es springt auch mal ein verschrecktes Reh über den Weg. Ich genieße
diese Zeit.
Auf zur Burg
Gestern habe ich mich nach dem Abendessen nochmal in den
Schalensitz geworfen. Ich wollte die Routenführung durch die Iphone-App komoot
ausprobieren. Die Tour zur Burg Linn habe ich im PC ausgewählt und dann noch
angepasst, da ich nicht unbedingt durch die Innenstadt in Krefeld fahren
wollte. Also das Iphone in den linken Ärmel gesteckt und ein Knopf im Ohr. Eine
freundliche Frauenstimme leitet mich, auf bekannten Wegen, durch Viersen.
Vorbei an der Cloerather Mühle in Richtung Anrath. Der Wind weht heftig und es
liegt eine Menge Kleinholz auf dem Weg. Man bietet allerdings dem Wind in
dieser niedrigen Sitzposition dem Wind wenig Angriffsfläche. Anrath nehme ich
nur in den Außenbezirken mit und fahre am Bahnhof wieder aufs freie Feld. Hier
treffe ich auch wieder auf meine durchaus nervösen vierbeinigen Freunde. Pferde
mögen keine Liegetrikes; soviel steht fest. Weiter geht es auf Wirtschaftswegen
in östliche Richtung. Plötzlich ist der Weg zu Ende und die freundliche Stimme
weißt mir einen Weg der leider nur quasi vorhanden ist. Der bereits oben angesprochene
Trampelpfad durchs Unterholz. Na das war nicht so berauschend. Aber die Kette
ist wieder aufgelegt und das W1 von zierendem Blattwerk befreit. Entlang der
A44 geht es weiter in das Gebiet von Krefeld-Fischeln. Nicht sehr spannend aber
auch schnell wieder vorbei. Der Himmel hat sich mittlerweile stark eingetrübt.
Ich erwarte zwar nicht, dass ich nass werde, aber ungemütlich ist die Sache
schon, zumal der Wind immer stärker auffrischt. Die Böen zerren mittlerweile
merklich am Rad und ich fahre Slalom um das Kleinholz auf der Straße.
Bei Ossum-Bösinghoven quere ich die A57 an der ich entlang radle. Den Wind bekomme
ich jetzt direkt von vorne. Eigentlich kein Problem aber der Sand zwischen den
Zähnen ist nicht ganz so angenehm. Zwischen den Bäumen sehe ich schon den Turm der
Burg Linn hervorblitzen. Gleich habe ich mein Ziel erreicht. Ich biege in eine
Allee ein. Im Winter hat man von hier schon einen tollen Blick auf die restaurierte
Burg. Nur heute versteckt sie sich hinter dichtem Blattwerk. Ich umrunde die
Burg einmal. Auf diesem Weg bin ich schon einige Male entlang spaziert und habe
auch einige schöne Aufnahmen gemacht. Nur heute will nicht so ganz Lust zu
fotografieren aufkommen. Es wird zusehends dunkler und der Himmel hängt in verschiedenen
Grautönen schwer über mir. Im Park mach dann doch ein obligatorisches Foto.
Jetzt geht es wieder nach Hause.
Burg Linn |
Eigentlich habe ich keine Lust, den gleichen Weg
wieder nach Hause zu radeln. Ich schalte das Navi aus und lasse mich durch
meinen inneren Kompass leiten. Nur der versagt diesmal völlig und kläglich. So habe
ich mich noch nie verfranzt. Ich habe in Krefeld-Ossum gänzlich die
Orientierung verloren. Also werfe ich doch wieder die Navigation an. Der
vorgeschlagene Weg passt mir überhaupt nicht; es soll mitten durch Krefeld gehen…so ein Mist. Aber mir bleibt nichts
anderes übrig…ich hasse es jetzt schon. Ein kurzer Anruf bei meiner lieben
Frau, damit sie sich keine Sorgen machen muss. Es ist mittlerweile 22 Uhr. Ich
habe meine Lampen angeworfen und stürze mich ins Abendteuer. Aber was soll ich
sagen komoot führt mich auf Wegen durch diese Stadt, so dass ich meine
bisherige Meinung revidieren muss. Sicherlich macht es mehr Spass durch die Felder
und Wiesen zu fahren, die vorgeschlagene Route ist sehr gut fahrbar und glänzt
mit sogenannten Radfahrstraßen. Ich fühle mich sicher und das ist die
Hauptsache. Der Weg führt durch die Fußgängerzone und an toll beleuchteten
Kirchen vorbei. Ich rolle an Straßencafés vorbei und bin der absolute Hingucker.
Schneller als gedacht bin ich durch Krefeld durch. Die Stadt hat so ihren
Schrecken verloren. Jetzt kenne ich mich wieder aus und ich fahre auf bekannten
Wegen nach Sankt Tönis. Hier schwenke ich auf den Bahnradweg, der mich direkt
nach Hause führen wird. Die Navigation brauche ich jetzt nicht mehr. Und auf
dem Radweg ist nichts mehr los. Ich drücke mir den zweiten Knopf ins Ohr und lasse
mir Trauma von N’to in die Gehörgänge fließen einfach genial bei Dunkelheit
mit Musik im Ohr durch die Landschaft zu rollen. Im Westen sind die letzten
farblichen Nuancen der Sonne wahrnehmbar ein letztes Rot das in ein dunkles
Lila übergeht, um dann von der Schwärze der Nacht verschluckt zu werden. Ich
bin hier draußen ganz allein….denke ich jedenfalls. Aber ich merke wie ich neugierig
beäugt werde. Hier und da blitzen die Augenpaare im Scheinwerferlicht auf. Die Außenbezirke
Süchteln sind erreich und ich nehme den Knopf aus dem Ohr. Auf den letzten
Metern spricht mich noch ein verspäteter Fahrradfahrer an. Er überholt mich und
ich habe aber keine Lust mehr die Geschwindigkeit hochzunehmen, da ich gleich
zu Hause bin. Kurz vor 23 Uhr rolle ich auf unseren Hof.
Fazit:
Einiges habe ich oben schon beschrieben. Dem ist kaum etwas hinzuzufügen.
Krefeld hat seinen Schrecken verloren. Jetzt weiß ich wenigstens, wie ich da ohne Probleme durch komme. Der Heimflug im
Dunkeln war wieder ein echter Genuss.
Tourdaten:
Zeit
gesamt:
3h 58min
Länge: 62,3km
Durchschnittsgeschwindigkeit: 16,8km/h
Höhenmeter:
190m
Temperatur:
20°C